Gegenwartskultur, Denkmalpflege, von Nadine Hoffmann, 21.06.11

Carl Friedrich Benz und das 'Gedächtnis der Menschheit'

Zu den Wichtigsten Dokumenten der Welt gehört seit 2011 auch ein Patent, das unser Leben bis heute bewegt

Carl Friedrich Benz neben seinem Patent-Motorwagen Nr.1. Das Patent, am 29. Januar 1886 eingereicht, wurde als DRP Nr. 37435 am 2. November 1886 erteilt. (Montage: Moritz Schäfer, Bildmaterial: Wiki Commons)

"UNESCO-Weltkulturerbe" ein Begriff, der wohl jedem bekannt ist, spätestens nach einer Fahrt über die Autobahn, wo braune Schilder auf die Weltkulturerbestätten hinweisen. Dass es neben der Welterbeliste der Natur- und Kulturdenkmäler jedoch noch andere Übereinkommen zum Schutz von Kulturgütern gibt, ist in der Öffentlichkeit wenig präsent.

Eines dieser weiteren Abkommen ist das Weltdokumentenerbe "Memory of theWorld", das 1992 von der UNESCO ins Leben gerufen wurde. Ausschlaggebend hierfür war die Tatsache, dass durch Kriege, soziale Unruhen und anderweitige Zerstörung weltweit bereits eine Vielzahl von Dokumenten, deren Inhalte unsere Gesellschaft entschieden prägten, unwiderruflich verloren gegangen sind. Man denke nur anden Einsturz des Kölner Stadtarchivs, bei dem einzigartige Quellen der Vergangenheit zerstört wurden. Mit der Einrichtung eines weltumspannenden digitalen Netzwerks versucht die UNESCO diesem Verlust entgegenzuwirken. Denn gerade Dokumente können dazu beitragen, wichtige Wendepunkte der Menschheit erfahrbar und deren Bedeutung für unser heutiges Leben verständlich zu machen.

Das Register, bestehend aus Buchbeständen, Partituren, Unikaten, Bild-, Ton- und Filmdokumenten, umfasst heute bereits 238 Eintragungen. Dazu zählen unter anderem die Gutenbergbibel als Zeugnis des ersten Buchdrucks mit beweglichen Lettern, das Tagebuch der Anne Frank, der Film Metropolis oder auch die 21 Thesen der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc, die an der politischen Wende von 1989 entscheidend mitwirkten, der Azteken-Kodex in Mexico oder die Archive des Warschauer Gettos. Seit Mai dieses Jahres steht neben ihnen auch das Benz-Patent von 1886 für ein dreirädriges Fahrzeug mit Gasmotor - dieGeburtsstunde des modernen Automobils. Wie aber schaffte es Carl Benz mit seinemPatent auf die Liste?

Im Turnus von zwei Jahren können Unterzeichnerstaaten jeweils zwei Vorschläge zur Eintragung in das UNESCO-Register einreichen. Über die Aufnahme berät ein internationales Komitee. Seine Aufgabe ist es, die weltweite, signifikante Bedeutung sowie den außergewöhnlichen universellen Wert des Vorschlages festzustellen. Auf Empfehlung des Komitees trifft die UNESCO Generaldirektorin eine endgültige Entscheidung über die Eintragung. Dieses Jahr schafften es beide Vorschläge aus Deutschland auf die Liste: das Dokument zum Bau und Fall der Mauer mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag sowie das Benz-Patent. Die weltweite Bedeutung von Carl Benz' Erfindung steht außer Frage: Das Auto zählt heute zu den wichtigsten und am häufigsten produzierten Gebrauchsgegenständen weltweit.

Den 'außergewöhnlich universellen Wert' sieht die UNESCO zudem in der Entwicklung von Fahrzeug und Antrieb als eine Einheit, ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor und elektrischer Zündung. Noch heute zählt die Entwicklung zu den bedeutendsten technischen Innovationen.

Keine andere Erfindung vor dem IT-Zeitalterhat das Leben der Menschen so sehr verändert wie das Auto. Seit Jahrzenten ist es aus dem alltäglichen Leben nur schwer wegzudenken. Eine Erfolgsgeschichte, die mit der Patentnummer 37435 des Reichspatentamtes begann. Eine umgebaute Droschke mit Gasmotor und drei Rädern. Mit der Aufnahme des Patentes in das 'Gedächtnisder Menschheit' soll gewährleistet werden, dass auch für zukünftige Generationen, für die das Auto selbstverständlich ist, die Anfänge der Erfolgsgeschichte des Automobils nicht in Vergessenheit geraten.

Leser-Kommentare

An dieser Stelle können Sie gern einen Kommentar hinterlassen. Bitte loggen Sie sich hierfür zunächst ein bzw. erstellen ein Benutzerkonto.

Keine Kommentare