Gegenwartskultur, Medien, von Christiane Gronenberg, 13.07.11

Bilder einer Universität

Auf der Suche nach der Uni Paderborn

Die Universität Paderborn sucht sich niemand aufgrund ihrer optisch einladenden Ausstrahlung aus. Dies muss nicht unmittelbar als Defizit gelten, denn die Arbeitsplatz- oder Studienwahl wird üblicherweise von inhaltlichen Kriterien geleitet. Auffällig jedoch, oder mehr noch, auf eigenartige Weise unauffällig, ist die visuelle Präsenz der Universität. Wer sich tatsächlich ein „Bild“ von ihr machen will, der muss schon selbst zum Campus kommen. Während andere Bildungseinrichtungen in Presse und Internet verstärkt mit visuell ansprechenden Mitteln für sich werben, sei es in Form eines sehr markanten corporate design oder aufwendigen Hochglanzbroschüren, zeigt sich die Paderborner Universität äußerst zurückhaltend. Es überrascht dann auch kaum, dass die Darstellung durch Dritte mindestens ebenso verhalten ausfällt. Bezeichnend für diese ‚Farblosigkeit’ ist das von Peter Menne entworfene Imageplakat für Paderborn – eine Art Wimmelbild auf dem alle „essentiellen“ Aspekte Paderborns farbig personifiziert sind; die Universität hingegen erscheint lediglich als schwacher Umriß in schwarz-weiß, ganz am oberen Bildrand.

Ein Grund für die Paderborner „Bilderleere“ mag sein, dass die Universitätsgebäude kein attraktives Fotomotiv darbieten. Die Betonarchitektur der siebziger Jahre steht nicht hoch im Kurs, und die neueren Gebäude auf dem Campus kommen in ihrer Schlichtheit allzu beliebig daher. Ältere Universitäten mit historischen Gebäuden haben es da etwas leichter in der Hervorbringung von Bildern. Zumindest rekurrieren sie auf eine visuelle Tradition und einen Bilderfundus, mit dem wie Michael Hagner meint, das „Bild der gemütlichen Alma mater“ weiterhin „simuliert“ werden kann. In einem Aufsatz von 2006 über die Architekturfotographie von Candida Höfer beschäftigt sich der Wissenschaftshistoriker grundsätzlich mit der Frage „Was wären die Bilder einer Universität?“ – feststellend, dass sich die Bildungsinstitutionen ebenso wie die Medien schwer tun im Finden eines neuen visuellen Vokabulars für Hochschulen. Eigentlich, so hört man bei Hagner heraus, sucht auch kaum jemand danach. Bei akutem Bedarf greifen traditionsreiche Universitäten auf die bewährten Abbildungen ihrer historischer Bibliotheken und klassizistischen Fassaden zurück.

In den 70er Jahren neu gegründete Universitäten müssen gezwungenermaßen eine andere Strategie entwickeln. So zeigen diese Universitäten auf ihren Internetseiten gerne Bilder von Studierenden und Personal: im Porträt, in Gruppen, auf einer Wiese liegend, am Bibliothekstisch, auf dem Flur in ein Gespräch vertieft. Außenansichten von Hochschulgebäuden zeigen die jüngeren Vertreter zumeist nur dann, wenn sie sich einen Neubau durch einen bekannten Architekten haben entwerfen lassen, siehe Lüneburg. Doch sogar eine Universität wie Siegen, die baulich gesehen der Paderborner sehr ähnlich ist, übertitelt ihre Homepage mit einer Gebäudeansicht: Beton- und Stahlfassade anno 1972. Optisch kein ausgesprochener Genuss, aber immerhin ein Bild. Auf der Paderborner Universitätshomepage hingegen herrscht besagte „Bilderleere“ – nur oben rechts im Bildschirm erscheint eine Miniatur, zu klein um einen visuellen Eindruck zu gewinnen.

Wo heutzutage Textanteile dominanter als Bilder sind, da mag man gedenk der Bilderflut die täglich über uns hinwegrauscht sogar dankbar sein. Also, und das fragt schließlich auch Michael Hagner, „Was soll das mit den Bildern der Universität? Vielleicht brauchen wir sie gar nicht?“ Es ließe sich schließlich auch konstatieren, dass die Universität Paderborn es schlichtweg nicht „nötig“ hat, sich über Bilder darzustellen. Hagners Reaktion hierauf würde lauten, dass Bilder jedoch das Zeug haben, uns einen anderen Blick zu lehren, und damit auch notwendige neue Perspektiven auf diese Institution. Eine zweite, und im Paderborner Fall zunächst wichtigere Feststellung muss aber lauten, dass die Bilderleere mitnichten eine bewusst gewählte Distanzierung von visueller Präsentation ist. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass überall dort wo es um die visuelle Darstellung der Hochschule geht, ein geradezu unbeholfenes Verhältnis zum Bild vorherrscht. Dem Neubau am Pohlweg nach zu urteilen wird dabei einem englischsprachigen Slogan durchaus das Potenzial zugesprochen, die Universität mit ihren Zielen „sichtbar“ zu machen. Dass aussagekräftige Bilder jedoch auch mittels architektonischer Formensprache gestaltet werden können, wurde anscheinend nicht berücksichtigt. Zumindest jedoch ist gut denkbar, dass bei der nächsten Gelegenheit ein Foto eben diesen Gebäudeteils für die Darstellung der Universität dienen wird. Das wäre dann mal ein Bild – freilich das eines Textes.

 

Dieser Beitrag entstand im Sommersemester 2011 im Rahmen des Seminars "Ort/e – Ortserkundung. Mit fremdem Blick und offenem Ohr: Das ‚andere’ Paderborn" an der Universität Paderborn.

 

 

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