Forschungsprojekte, von Nadine Hoffmann, 21.07.10

Renaissance trifft Medientechnologie

Auftaktveranstaltung zum Forschungsprojekt „studiolo communis“

Freuten sich über den Start des interdisziplinären Forschungsprojekts „studiolo communis“ (v.l.): Päsident Prof. Dr. Nikolaus Risch, Prof. Dr. Eva-Maria Seng, Dr. Gudrun Oevel und Prof. Dr. Reinhard Keil (Foto: Anna Schiwitza)

Im Rahmen einer Auftaktveranstaltung hat am 9. Juli 2010 das innovative Forschungsprojekt "studiolo communis" an der Universität Paderborn seine Arbeit aufgenommen. Initiiert wurde die Unternehmung durch Frau Prof. Dr. Eva-Maria Seng (Inhaberin des Lehrstuhls für Materielles und Immaterielles in Kooperation mit Dr. Gudrun Oevel (Leiterin des Zentrums für Informations- und Medientechnologie) sowie Prof. Dr. Reinhard Keil (Professur „Informatik und Gesellschaft“ am Heinz Nixdorf Institut). Das mit 378.000 € von der deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geförderte Projekt verfolgt das Ziel, über einen Zeitraum von zwei Jahren eine Virtuelle und ko-aktive Arbeitsumgebung zu erstellen.

Durch die Entwicklung einer Internet-Plattform soll eine simultane und vergleichende Bearbeitung unterschiedlicher Materialien erreicht werden, welche die Sammlung, Erschließung, Erforschung und Archivierung von materiellem und immateriellem Kulturerbe unterstützt. Neue Perspektiven liefert das Projekt hier vor allem im Bezug auf eine weltweite Kooperation von Wissenschaftlern. Durch die Einbeziehung einschlägiger Fachverbände und regionaler Organisationen bei der Sammlung und Erforschung von Themen, wird die Plattform zudem die Möglichkeit bieten, diese Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Ziele des Projekts werden bereits durch die Namensgebung deutlich: Ein ‚Studiolo’ bezeichnete in der Renaissance einen Lehrraum, der dem Studium gewidmet wurde. Durch die Öffnung für ein breiteres Publikum wurde dieser Lehrraum zu einem Gemeinschaftsraum, einem ‚studiolo communis’.

In seiner Begrüßungsrede lobte Universitätspräsident Prof. Dr. Nikolaus Risch die Vernetzung von Kulturwissenschaft und Informatik sowie die Verbindung zwischen der individuellen geistigen Leistung und moderner Technik, die für das Projekt notwendig ist. ‚Studiolo communis’, so Risch, passe sich ideal in das Profil der Universität Paderborn als Universität der Informationsgesellschaft und ihre interdisziplinäre Ausrichtung ein.

Prof. Dr. Seng stellte anschließend die Forschungsperspektiven des Projektes zur Erschließung von Kulturerbe vor. Durch die Verknüpfung und Anordnung von Texten, Bildern, Ton- und Filmaufnahmen, die durch Vernetzung die Option zur Bewertung und Kommentierung geben, werde es künftig möglich sein, immaterielles Kulturerbe in einen breiten Kontext einzuordnen. Die Idee, so Seng, basiere auf den Grundprinzipien der vergleichenden Kunstbetrachtung. Sie seien bereits im 20. Jahrhundert durch den Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Aby Warburg begründet und in seinem Mnemosyne-Atlas zum Ausdruck gekommen.

Wie diese Idee in den Bereich der neuen Medientechnologie übertragen werden kann, veranschaulichte Prof. Dr. Keil. Das virtuelle ‚studiolo communis’ besteht aus sechs koaktiven Funktionsbereichen, die mit Hilfe von Einschreibtechnologien ein gemeinsames Gedächtnis schaffen, welches in virtuellen Räumen - ganz gleich auf welchem Medium - verankert wird.

Abschließend stellte Frau Dr. Oevel die Infrastruktur für die vernetzte Wissensarbeit vor. ‚Studiolo communis’ werde zukünftig ein neuer Baustein im bereits vorhandenen eLearning Angebot der Universität darstellen. Die Schaffung von Basismodulen, die dann auch in anderen Bereichen – wie beispielsweise der Chemie – angewendet werden können, ist eines der Ziele des Projektes. Um diese Infrastruktur bilden zu können, soll die Planung eines definierten Betriebes bereits während des Projektes stattfinden. Ebenso die Einbindung in den nachhaltigen Betrieb und eine frühzeitige Entwicklung von Prototypen und deren Evaluation.

Mit der Auftaktveranstaltung wurde der Startschuss für ein interdisziplinäres Forschungsprojekt gegeben, dessen innovative Zielsetzung eine Bereicherung der interdisziplinären Forschung sowie eine bessere Erschließung des immateriellen Kulturerbes darstellt.

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