Materielles Kulturerbe, Denkmalpflege, Kultur Regional, von Stefan Gehle, 21.11.11

Vom unkeuschen Nonnenkloster zum Kulturzentrum für alle

Die ungewöhnliche Geschichte des Klosters Bredelar

Blick von Westen auf die ehemalige Kapelle des Klosters Bredelar. (Foto: Stefan Gehle)

Die Anfangsjahre des Klosters sind schnelllebig und abwechslungsreich: Als Nonnenkloster wird die Anlage 1170 ins Leben gerufen, doch schon 26 Jahre später ist alles wieder vorbei. Die Nonnen werden mit Schimpf und Schande vertrieben. Der Grund: Unkeuscher Lebenswandel. Man munkelt, dass sich die Ordensschwestern regelmäßig an einer Stelle in Bredelar, die noch heute „Nonnenbusch“ genannt wird, getroffen und sich mit den Raubrittern zu Pattberg vergnügt haben sollen. Das konnte nicht lange geheimbleiben und die erzürnte Kirche sorgt nun dafür, dass die Abtrünnigen verbannt werden. Auf die Nonnen folgen 1196 die „Kapitalisten Gottes“ – Zisterzienser-Mönche, die die Klosteranlage durch Forst- und Landwirtschaft sowie ab dem 16. Jahrhundert besonders Erzabbau zu einem modernen Wirtschaftsbetrieb umfunktionieren. Wenngleich recht unbekannt, ist dies der Beginn einer bedeutenden Bergbaugeschichte.

Doch von Süden naht Unheil: Napoleon und sein Heer besetzen die deutschen Gebiete und entschädigen sich für die Kriegskosten durch die Vereinnahmung von Kirchenbesitz. So fällt auch das Kloster Bredelar in ihre Hände und die Mönche werden aus ihren heiligen Hallen vertrieben. Knapp 20 Jahre später ruft der Unternehmergeist den Briloner Industriellen Theodor Ulrich auf den Plan. Er kauft die Anlage auf, um in Bredelar Schwerindustrie zu betreiben: Es werden drei Hochöfen im Kloster errichtet, Erz abgebaut und Eisen verhüttet. Dies zieht 1873 auch die Eisenbahn und Großfirmen wie den Eisen- und Stahlproduzenten „Dortmunder Union“ nach Marsberg, der die Anlage nach Ulrichs Tod erwirbt und in eine reine Eisengießerei umfunktioniert. Das Kloster erlebt seine wirtschaftliche Blütezeit.   

Die Weltwirtschaftskrise trifft das florierende Unterfangen 1930 wie ein Paukenschlag: Die großen Firmen beenden ihr Engagement in der Region und nur noch einige Kleinbetriebe führen die Eisenproduktion bis in die 1970er Jahre fort. Was all die Jahre gut für die Wirtschaft war, ist jedoch schlecht für den Bau der Klosteranlage gewesen: Die industrielle Nutzung hat starke Spuren hinterlassen und das Kloster zerfällt mehr und mehr.

„Das war eine Schande!“, erinnert sich Andreas Melliwa vom Radio Sauerland. Er hat sich mit der Geschichte des Klosters beschäftigt und leitet regelmäßig Führungen durch die heutige Anlage. Dass das überhaupt möglich ist, ist einer entscheidenden Wendung im Jahr 2000 zu verdanken:  Angesichts des zunehmenden Verfalls schließen sich mehrere Bürger zusammen und gründen den Kloster-Förderverein Bredelar. Melliwa: „Es war wirklich 5 vor 12! Wenn wir da nichts unternommen hätten, wäre wirklich nichts mehr zu retten gewesen!“

Der Kölner Manager Dr. Franz-Josef Bohle, der unter anderem als Direktor für
PR/Kommunikation beim Pharmakonzern Bayer AG gearbeitet hat, schließt sich mit dem Architekten Eckhard Lohmann zusammen und macht sich an die Restaurierung des Gebäudes. Aus Fördermitteln und Spendengeldern stehen dem Team allerdings gerade mal 5,5 Millionen Euro zur Verfügung (zum Vergleich: die Restaurierung des Klosters Dalheim hat ca. 43 Millionen Euro gekostet). Doch Melliwa sieht darin einen Gewinn: „Knappe Mittel sind der beste Denkmalschutz! So löst man vieles intelligenter und man lässt so manches stehen, was sonst verloren gegangen wäre.“

2009 wird der restaurierte Kirchenraum schließlich neueröffnet und das Kloster zu einem Begegnungs- und Kulturzentrum umgestaltet. Neben zahlreichen Veranstaltungen und kulturellen Events können die verschiedenen Räumlichkeiten auch für Privatfeiern und Hochzeiten gemietet werden. Alle interessierten Besucher haben zudem jeden ersten Sonntag im Monat die Möglichkeit, mit Andreas Melliwa in die ungewöhnliche Geschichte des Klosters einzutauchen und die beeindruckenden Ergebnisse der aufwendigen Restaurierung zu bestaunen.

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