Denkmalpflege, von Nadine Hoffmann, 30.01.12

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Ein Erfolgskonzept wird 40 Jahre

Die deutsche Version des Welterbe- Emblems (Quelle: Wiki Commons)

Vor gut 40 Jahren entschloss sich die UNESCO, eine international angelegte Liste für Denkmal- und Naturschutz ins Leben zu rufen. Heute ist die Konvention die erfolgreichste der Völkergemeinschaft. 188 Staaten haben das Übereinkommen inzwischen ratifiziert, 936 Stätten (725 Kultur- und 183 Naturdenkmäler) stehen auf der Liste, verteilt auf 153 Staaten. Allein Deutschland zählt 36 Stätten. Die Konvention wurde weltweit zum sichtbaren Element des Denkmal- und Naturschutzes.

Ausschlaggebend für die Entstehung der Liste war der Bau des Assuan-Staudamms und die damit verbundene Flutung des Niltals. Ein Stausee drohte die nubischen Tempel von Abu Simbel zu verschlingen, die UNESCO startete eine Hilfsaktion, an dem sich 50 Länder  beteiligten. Es war das erste Mal, dass Staaten bereit waren, sich für den Schutz von Kulturdenkmälern außerhalb ihres eigenen Territoriums einzusetzen. Der große Erfolg dieser Hilfsaktion und das Verständnis über die Bedeutung von Kulturgütern bildet heute die Leitidee der Konvention, „dass Teile des Kultur- und Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen.“

Der Prestigegewinn und die große Zahl neu gelisteter Stätten seit den 1990er Jahren lässt Kritiker an dem Konzept zweifeln. Die Befürchtungen eines inflationären Umgangs mit der Liste werden laut. Wie vielen Kultur- und Naturstätten soll das Prädikat noch zuteilwerden, das ja eigentlich einen „außergewöhnlich universellen Wert“ einer Stätte fordert? Sollte es nicht eine Obergrenze (Die Zahl 1000 wird bei dieser Diskussion oft in den raum geworfen) für die Anzahl der Stätten geben? Zeigt sich nicht schon anhand der Werteverschiebung, dass die Liste sich allmählich ins Unendliche fortsetzt?

Während zu Beginn der Konvention Stätten wie etwa die Große Mauer, das Taj Mahal oder die Galapagosinseln aufgenommen wurden, bei denen keiner die Außergewöhnlichkeit in Frage stellte, sehen Kritiker in der aktuellen repräsentativen Auswahl – also eine Stätte, die Exemplarisch für eine ganze Gattung steht – eine Aufweichung der Liste. Zudem wird eine Klassifizierung und Zweiteilung des Denkmalschutzes beanstandet. Das Prädikat „Weltkulturerbe“ führe dazu, dass die Menschen ‚einfache’ Denkmäler als weniger bedeutend wahrnähmen, was eben nicht im Sinne des Denkmalschutzes sei. Darüber hinaus fehlen neben einem einheitlichen Schutzgesetzt auch entscheidende Sanktionsmöglichkeiten um Gefährdungen zu verhindern – siehe Dresden.

Argumente und Einwände die berechtigt sind, derer sich die beteiligten Akteure annehmen müssen und die es zweifelsohne gut zu reflektieren gilt. Dennoch kann man den Kritikern ebenso schlagkräftige Argumente entgegenstellen: Die Konvention ist konzeptionell und politisch ein Erfolg. Mit ihr wurde eine Vereinigung von Denkmal- und Naturschutz geschaffen, die mit ihrem ganzheitlichen und universellen Ansatz eine internationale Kooperation und Zusammenarbeit auf diesem Gebiet verlangen. Damit wurde erstmals eine internationale Norm zum Schutz des Kulturerbes eingesetzt, bei dem sich souveräne Staaten einer internationalen Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe verschreiben. Die Konvention als Schutzelement ist ohne Frage nur so gut, wie die Denkmalschutzgesetzte der einzelnen Nationalstaaten und die Sanktionsmöglichkeiten des Welterbekomitees sind minimal. Eine Eintragung auf die Rote Liste oder gar die Streichung sind die einzigen Möglichkeiten.

Die Aufgabe, die hinter der Konvention steckt, ist vielmehr die Überwachungsfunktion und die Tatsache, dass die Waffen der Konvention großes Prestige und öffentliches Interesse sind. Gerade die politische Bedeutung der Konvention ist nicht zu unterschätzen, ebenso wenig wie der politische Druck, der sich bei Missachtung aufbaut. An dieser Stelle werden Kritiker wahrscheinlich mit dem Fall Dresden argumentieren. Richtig, aber die Anzahl der zugunsten des Denkmalschutzes ausgegangenen Entscheidungen ist um Vielfaches größer. Beispielsweise wurde der Bau einer Überlandstraße in der Serengeti ebenso verhindert wie der von Hochhäusern – unter anderem in Köln und Wien – die eine Zerstörung des historischen Stadtbildes zur Folge gehabt hätten.

So sind auch serielle Nominierungen kein Zeichen für „ausgehende Kulturgüter“, die man nun auf neuen Wegen auf die Liste zu bringen versucht. Vielmehr können sie als Sinnbild guter internationaler Kooperation und Zusammenarbeit verstanden werden. Ebenso wie sich die Wertemaßstäbe der Generationen und Kulturen von Generation zu Generation ändern, so ändern sich auch die Wertemaßstäbe, die an die Konvention gestellt werden. Gerade für eine international ausgewogene und repräsentative Liste ist das unabdingbar. Aber trifft das auf die Welterbeliste der UNESCO zu? Ein Blick auf die eingetragenen Stätten lässt sie vielmehr eurozentrisch erscheinen. Um wirklich repräsentativ zu sein, muss dem entgegengewirkt werden. Wir müssen weg von unserem klassischen Denkmalverständnis und berücksichtigen, dass in anderen Nationen und Kulturen ein anderes Verständnis von Denkmal und Kulturgut herrscht.

Dass mit einem immer breiter angelegten Verständnis von Kulturerbe auch die Liste immer weiter wächst versteht sich von selbst. 1000 Stätten, das klingt nach wahnsinnig viel. Aber was sind tausend Stätten im Verhältnis zur Zeit, zu den Jahrtausenden über die uns bis heute Kulturgüter hinterlassen wurden? „Auf Generationen gedacht kann man nie genug Welterbestätten haben“ so die Beauftragte der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland beim UNESCO-Welterbekomitee, Dr. Brigitta Ringbeck. 

Egal wie groß die Kritik an der Konvention auch sein mag, nicht zu bestreiten ist, dass die Gründungsväter mit dem Übereinkommen die erfolgreichste Konvention der internationalen Völkergemeinschaft ins Leben gerufen haben. Eine bis heute stetig an Prestige, politischer Bedeutung und öffentlicher Aufmerksamkeit gewinnende Schutzfunktion, die den nationalen Stolz und die nationale Identität der einzelnen Staaten in einen weltgeschichtlichen Kontext setzt und die Einmaligkeit unsere kulturelle Vielfalt schützt. Der offizielle Launch am 30. Januar 2012 in der UNESCO-Zentrale in Paris ist die Eröffnungsfeier der UNESCO zum Jubiläumsjahr, in dem eine ganze Reihe weitere Veranstaltungen folgen werden. Geplant sind unter anderem Workshops, Konferenzen, Expertenmeetings und Foren für Jugendliche. Ziel der Veranstaltungen soll es sein, Menschen rund um die Welt für die Thematik Kulturerbe zu sensibilisieren. Die breite Öffentlichkeit über die Bedeutung des Welterbes der Menschheit zu informieren. Und natürlich auch den Erfolg der Liste zu würdigen.

Die deutsche Version des Welterbe- Emblems (Quelle: Wiki Commons)

Anstoß zur Schaffung der Welterbe-Konvention: Am 8.März rief die UNESCO dazu auf, die durch den Bau des Assuan-Staudammes vom Nil bedrohten Denkmale in Nubien für die Nachwelt zu retten. Die Tempel von Abu Simbel und Philae wurden abgetragen und landeinwärts, an einer höher gelegenen Stelle wieder aufgebaut. Etwa die Hälfte der hierfür benötigten 80 Millionen US-Dollar kam aus Spenden von Rund 50 Ländern zusammen. (Rechtsseitige Skulpturen am Großen Tempel von Abu Simbel, Ägypten. Foto: Olaf Tausch)

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