Ausstellungen, Medien, von Markus Lauert, 21.05.12

Kein Rechtsrock in Wewelsburg!

Ausstellung informiert über die Musik der rechtsradikalen Szene?

In Zeiten rechtsextremistischen Terrors in Norwegen und Deutschland erscheint Aufklärung als Königsweg, um Straftaten vorzubeugen und Bürgerinnen und Bürger mit Wissen zu wappnen. Der Prävention verpflichtet fühlen sich der „Bielefelder Verein für demokratisches Handeln e. V.“ und der „Verein Gedenktag 2. April in Wewelsburg Verein wider das Vergessen und für Demokratie e. V.“, die gemeinsam in den Sonderausstellungsräumen des Kreismuseums Wewelsburg die Ausstellung „RechtsRock – Hass und Rassismus auf’s Ohr“ gestaltet haben. Die Wanderausstellung existiert seit 2004, wurde regelmäßig erweitert und aktualisiert. Im Sommer 2012 wird die Sammlung thematisch neu ausgerichtet und in „Die neue Generation Rechts – Musik, Lifestyle, Ideologien“ unbenannt.

Soweit die harten Fakten. In Reih und Glied sind die Wände mit Informationstafeln im A1 Format behangen. Thematisiert werden vor allem rechtspolitische Parteien, Freie Kameradschaften, die Rolle der Frau in der rechtsextremen Szene, geheime Erkennungszeichen und in der Szene verbreitete Marken. Beteuert das Eingangsplakat noch, dass „der Fokus auf die Musik gelegt“ werde, wird dem Besucher wenige Zeilen später erklärt, dass „Lücken in der Demokratieerziehung und der interkulturellen Bildung […] geschlossen werden sollen.“ Die Ausstellung richtet sich also an Schüler und Jugendliche. Das ist grundsätzlich lobenswert, aber warum sind von 37 Tafeln gerade einmal nur neun über Musik und von diesen neun wiederum zwei über antifaschistische Musik?

Es bleiben also sieben Tafeln über Rechtsrock. Leider ist diese schmale Ausbeute nicht besonders leserfreundlich gestaltet. Es fühlt sich an, als würde man sich bei einer Internetrecherche durch Webseiten scrollen – man bewegt bloß nicht die Maus zum „weiter“-Button, sondern seine Beine zur nächsten Tafel.

Der Webseitenvergleich passt leider auch inhaltlich, denn was man als Wissenshäppchen serviert bekommt, schmeckt äußerst mager und eintönig. Werden zunächst elf Musikstile, die von der neonazistischen Szene benutzt werden, genannt – darunter Rock, Volksmusik und Gothic – erfährt der Besucher bloß über vier Näheres. Eine Erklärung, was denn Rechtsrock eigentlich ist, sucht man vergebens. Es kommt hinzu, dass die Erläuterungen zu Black Metal, Rap, Hardcore-Punk und Neofolk sich schwer damit tun, die Neugier zu befriedigen. Der Besucher sieht einige Abbildungen von Albencovern und liest kurze Erklärungen. Argumentationskraft oder Gehalt hat das, was dort über die Musikstile gedruckt steht, meistens nicht. Es reicht dennoch aus, um bestimmte Genres oder auch Bands als rechtsradikal „abzustempeln“, obwohl man ihnen ohne eine detaillierte Betrachtung nicht gerecht werden kann.   

Im Weiteren werden kurz und bündig 18 rechtsextreme Bands herausgegriffen und vorgestellt. Die Beschäftigung mit diesen Gruppen soll am folgenden, ungekürzten Beispiel exemplarisch deutlich werden: „Nordwind aus Nürnberg spielt nach eigenen Aussagen „Nordrock“ (Vikingrock), der starke Rockabilly-Einflüsse hat. Von 1995 bis 2005 veröffentlichte die Band 15 Tonträger und ist auf den NPD-Schulhof CDs 2004, 2005 und 2006 vertreten.

Die Begründung, warum diese Musiker zu einer rechten, gefährlichen Bewegung gehören oder von ihnen gehört werden, bleiben die Veranstalter den Besuchern schuldig. Dabei wäre es die Aufgabe, der Jugend kritisches Denken beizubringen und sie dadurch gegen dumpfe Ideologien fit zu machen. Bloß mit dem Zeigefinger zu markieren, was schlecht und was gut ist, reicht nicht aus.

Und tatsächlich widmen sich drei Tafeln ausführlich jeweils einer Band (z.B.: Landser) oder einem Musiker (Frank Rennicke). Optisch sind diese zwar etwas umständlich gestaltet, dennoch ist der Ansatz an dieser Stelle absolut der richtige und man bekommt eine Vorstellung davon, wie eine solche Ausstellung aussehen könnte. Hier finden sich Aufnahmen der Musiker bei Auftritten und auch ihre Texte sind abgedruckt, die entlarvender kaum sein könnten.

Neben den vorwiegend schriftlichen Darstellungen sind zudem vier Vitrinen aufgestellt. Diese beinhalten eine Sammlung verschiedener Gegenstände von Musikalben bis hin zu Aufnähern oder Ketten. Es finden sich jedoch keine Beschreibungen, die die Gegenstände näher erläutern. Daher entbehren die meisten Ausstellungsstücke jeder Aussagekraft, andere erscheinen deplatziert und können missverstanden werden.

Eine Abwechslung zu der Schriftflut und den Glasschaukästen wird im hinteren Teil der Räumlichkeiten geboten. Verschiedenste Musikgruppen haben 24 Lieder einem Sampler beigesteuert, der der Empörung über den Rechtsextremismus Ausdruck verleihen soll. Das Projekt geht auf aktive Bürger und Jugendliche aus dem Münsterland zurück, die Konzerte organisierten und besagte CD zusammenstellten. Es ist ironischerweise die einzige Musik, die in den Ausstellungsräumen als Hörprobe angeboten wird.

Wie lässt sich eine Ausstellung bewerten, von der man im Vorhinein etwas völlig anderes erwartet hatte? In Begleitung mit erfahrenem Personal mag sie zur allgemeinen politischen Erziehung dienlich sein und wer es bisher versäumt hat, sich mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander zu setzen, wird einen Einstieg finden, der viele Themengebiete abdeckt. Allerdings wird derjenige enttäuscht, der umfassend über das Thema Rechtsrock informiert werden will. Es wäre wünschenswert, wenn die für den Sommer geplante Neukonzeption diese Mängel beheben würde.

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